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Chronik Schützenverein Rettenberg e.V.

Der heutige Schützenverein Rettenberg geht auf zwei Ursprünge zurück:
Einmal auf die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft, deren nachweisbare Gründung im Jahre 1866 wir mit dem 150-jährigen Jubiläum in 2015 gefeiert wurde, und zum anderen auf die Feld- und Feuerschützengesellschaft, die schon im Jahre 1848 entstanden ist. 71 Jahre lang – von 1866 bis 1937 – gab es also in Rettenberg zwei Schützenvereine. 

 

Die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft
Der Zimmerstutzen-Schützenverein wurde am 2. April 1866 in feierlicher Weise im Gasthaus “Engel” in Rettenberg gegründet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ging es mit der Schützengesellschaft, deren Zwecke laut Statuten Schießen. Singen und “deklamatorische Vorträge” (vorwiegend Theater) waren, immer mehr aufwärts. So erhöhte sich der Mitgliederstand in den ersten vier Jahren von 18 auf 45 Personen. Der knapp fünf Monate dauernde Krieg von 1870/1871 brachte vorübergehend einen Rückschlag, der aber sehr bald in einen neuen Aufschwung überging. Es entwickelte sich ein sehr reges Vereinsleben, das sich teilweise in der Tradition bis heute erhalten hat. 

 

Zwischen “Engel” und “Adler”

Der Lokalwechsel zwischen “Engel” und “Adler”, der ja immer noch mit Schützenumzug und Musikkapelle jährlich erfolgt, geht bis auf die ersten Tage der Gründung zurück. Zunächst wechselte man die Gaststätte monatlich, dann vierteljährlich und schließlich ab 1878 halbjährlich. 1886 entschloss man sich, die Schießtätigkeit ein volles Jahr im gleichen Lokal durchzuführen, und das “Umzugsschießen” unmittelbar nach Neujahr abzuhalten. Dazu heißt es in den Aufzeichnungen von damals: “Die Mitglieder versammeln sich nochmals in den zu verlassenden Vereinslokale zu einer kurzen Verabschiedung mit Danksagung, um dann mit sämtlichen dem Verein gehörenden Utensilien gemeinsam ins andere Lokal überzutreten zum sofortigen Anfang des Gesellschaftsschießens”. 


1874 gründeten Mitglieder der Zimmerstutzengesellschaft die Freiwillige Feuerwehr Rettenberg. Die enge Verbindung mit den Schützen blieb über viele Jahre erhalten, was u. a. die Tatsache des gemeinsamen jährlichen Lokalwechsels beweist. 

 

Von Theater und Fahnen
Von 1880 bis 1892 führten Vereinsmitglieder Theaterstücke auf, die so großen Anklang fanden, dass sogar eine komplette Bühne angeschafft werden konnte. Auch ein Schützen-Gesangs-Chor bestand mit Erfolg einige Jahre. 


Im Jahre 1878 kam der schon lange gehegte Wunsch der Mitglieder, eine Vereinsfahne anzuschaffen, zur Verwirklichung. Diese heute noch vorhandene Fahne wurde im Kloster Wörishofen zu einem Preis von 178 Mark einschließlich Schärpen und Futteral gefertigt. 35 Vereinsmitglieder übernahmen opferwillig die Finanzierung. “Auch milde Persönlichkeiten haben ihr Scherflein freundlichst beigetragen.”


Bald bildete sich der Brauch, bei Hochzeiten bzw. Begräbnissen von Vereinsmitgliedern die Fahne in ehrender Weise durch eine Abordnung “ausrücken” zu lassen. Den teilnehmenden Schützen wurde eine einheitliche Kleiderordnung vorgeschrieben, die zum Beispiel bei Begräbnissen aus “schwarzem Anzug, Zylinder, Anhängung der Schützenembleme und eines Trauerbandes” bestand. 

 

Auf und Ab des Rettenberger Schützenvereins
das 25-jährige Jubiläum wurde 1891 mit großen Feierlichkeiten einschließlich Festumzug und Ehrung von sechs noch lebenden Gründungsmitgliedern begangen. Dabei heftete “Festjungfrau Cäcilia Berkmann und Anführung eines sinnreichen Gedichtes ein prachtvolles Ehrenband an die Vereinsfahne”. 


Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 entwickelte sich der Zimmerstutzenverein neben Feuerschützengesellschaft, Feuerwehr und Veteranenverein zu einer der tragenden Säulen im gesellschaftlichen Leben Rettenbergs. Während des Krieges, zahlreiche Schützen hatte man zum Militär einberufen, war die Schießtätigkeit stark eingeschränkt. Nach Kriegsende kam der Schießbetrieb nur langsam in Gang, erlebte jedoch ab 1922 wieder einen erfreulichen Aufschwung. Im gleichen Jahr wurde eine neue Vereinsfahre in Auftrag gegeben. Von den Anschaffungskosten in Höhe von ca. 5.000 Mark übernahmen die Vereinsmitglieder Hand Nebel, Philipp Göhl und Siegfried Berkmann rund 3.500 Mark. Das Inflationsjahr 1823 legte die Schützenaktivitäten fast vollständig lahm. Mit Einführung der Reichsmark 1924 besserte sich die wirtschaftliche Lage, was dem Vereinsleben sehr zugute kam. Neben regelmäßigen Schießen fand die Pflege der Geselligkeit eine besondere Betonung: Faschingsbälle, Kameradschaftsabende, Besuche bei Nachbarvereinen, Ausflüge und Waldfeste mit Sternenschießen. 


Das Interesse am Schießen erfuhr in den zwanziger Jahren eine erhebliche Steigerung, was ein Mitgliederstand von 130 Schützen beweist. Außer ungefähr 20 Übungsschießen gehörten Preisschießen, wie zum Beispiel Josefsschießen, Klausen- und Zeltenschießen, zu den besonderen Ereignissen des Jahresablaufes in dieser Zeit. 


Anlässlich des 60-fährigen Bestehens des Zimmerstutzenvereins anno 1926 wurde ein großes Jubiläumsschießen veranstaltet, das sich über 12 Tage erstreckte. Ein Festumzug, bei dem die beiden noch lebenden Gründungsmitglieder Ignaz Heim und Tiberius Köberle eine besondere Ehrung erfuhren, bildete den Höhepunkt. 

 

NS-Zeit
Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise führte zu einer derart großen Notlage, dass es einfach nicht mehr möglich war, eine geregelte Schießtätigkeit aufrecht zu erhalten. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 brachte deutliche Veränderungen in der Politik, die sich auch im Vereinsleben auswirkten. 

 

So erschien zur Generalversammlung 1934 der Ortsgruppenleiter der NSDAP und erklärte, dass im Zuge der politischen Gleichschaltung, die auf eine vollständige Ausrichtung aller Lebensbereiche im Sinne der Nazi-Ideologie zielte, nunmehr das Führerprinzip gelte. 


Dies bedeutete für den Schützenverein die Wahl eines der Partei genehmen 1. Vorstandes, der wiederum seine Mitarbeiter ohne Mitwirkung der Schützen bestimmte. 

 

Der Einfluss der Partei war überall zu spüren. So verordnete man von oben die Durchführung gewünschter Schießveranstaltungen, zum Beispiel Winterhilf-, Oper- und Wettkampfschießen. Letztere diente bereits der vormilitärischen Ausbildung. 
 

70-jähriges Jubiläum
Anlässlich des 70-jährigen Bestehens des Vereins bewarb man sich um die Erlaubnis zur Durchführung des “Wettkampfschießens des Unterkreises 134” (wie Gauschießen). Die im Freien durchgeführte Veranstaltung (16. Bis 24. Mai) besuchten trotz ungünstiger Witterung 157 Schützen aus dem ganzen Landkreis. Für das Jubiläum vergrößerte man die Vereinsfahne rundum mit einem breiten Spruchband. 

 

Rückblick auf die Feld- und Feuerschützengesellschaft
im Jahre 1937 wurden beide Rettenberger Schützenvereine, wahrscheinlich auf Anordnung der Partei, zum Schützenverein Rettenberg vereinigt. 
An dieser Stelle ist ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der Feld- und Feuerschützengesellschaft angebracht. 


1848, im Jahr der deutschen Revolution, beschloss eine Gruppe junger Männer, angesichts der erkämpften neuen Freiheiten, eine Feldschützengesellschaft zu gründen. Man schoss mit Vorderladergewehren auf einer Behelfsschießanlage am südlichen Ortsrand (etwa heutiges Sudhaus der Engelbrauerei) von Rettenberg. In den ersten 25 Jahren wurde der neue Verein von außen ziemlich angefeindet. Was vor allem auf die mangelnde “Wohlanständigkeit” der Schützen und auf eine recht unglücklich agierende Vorstandschaft zurückzuführen war. Ab 1874 ging es dank straffer Vereinsleitung aufwärts, wenngleich Mitgliederzahl und Schießbeteiligung immer noch gering waren.


Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als man das 50-jährige Jubiläum feierte, stellten sich in Bezug auf Schießleistung, Geselligkeit, Kameradschaft und Einsatzfreudigkeit – vor allem bei den häufig erforderlichen Reparaturarbeiten am offenen Schießstand - erfreuliche Verhältnisse ein. Die Blütezeit des Vereins ersteckte sich von 1900 bis 1914. Während des ersten Weltkrieges ruhte der Schießbetrieb. Nach zögerndem Neubeginn gab es bis zu Vereinigung mit dem Zimmerstutzenverein durch Inflation, Weltwirtschaftskrise und Naziherrschaft ein wiederholtes Auf und Ab. 

 

Aus für den Schützenverein

Im neuen Schützenverein blieb die Ausübung beider Disziplinen unter getrennter Leitung zunächst weitgehend unverändert. Die von der Partei angeordnete Errichtung eines KK-Standes verzögerte sich bis 1942. Der zweite Weltkrieg brachte eine Einschränkung des Vereinslebens, weil ein Großteil der Mitglieder zum Wehrdienst eingezogen war. Das Kriegsende bedeutete zugleich für sieben Jahre das “Aus” für den Schützenverein. Auf Weisung der Besatzungsmächte mussten sämtliche Waffen zur Vernichtung abgeliefert werden. 

 

Neugründung

Am 31. Januar 1952 kam es im Gasthof “Engel” zur Neugründung des Schützenvereins Rettenberg, nachdem kurz zuvor die Siegermächte das Waffenverbot aufgehoben hatten. Aus der Wahl ging Initiator Siegfried Berkmann als 1. Vorstand hervor. Der Tradition entsprechend schoss man in jährlichem Wechsel in beiden Gaststätten, und zwar in den Sälen mit Luftgewehr und Zimmerstutzen.


Nach der langen Zwangspause und angesichts der als Wirtschaftswunder bezeichneten stürmischen Aufwärtsentwicklung in der BRD, blühte der Verein in kurzer Zeit wieder auf. M it wahrer Begeisterung griff man auf Altbewährtes zurück: Josefsschießen, Winterend- und Königsschießen, Sternenschießen, Klausenschießen u. a. mehr. Dazu kamen gesellige Veranstaltungen, wie zum Beispiel Schützenball, Waldfeste und Christbaumverlosung. Das 100-jährige Vereinsjubiläum 1966 war Anlass zur Durchführung des 14. Oberallgäuer Gauschießens in Verbindung mit Festzelt und großem Schützenumzug. Die für die damalige Zeit sehr hohe Zahl von 479 Teilnehmern bezeugt, welchen Stellenwert der Schießsport in unserer Heimat wieder erlangt hatte. 

 

Neue Möglichkeiten

Auf Grund der gestiegenen Ansprüche wünschten sich viele eine feste Schießanlage, weil man das häufige Auf- und Abbauen der Schießstände als lästig empfand. 


1969 stellte Brauereibesitzer Herbert Zötler einen Kellerraum im Gasthaus “Adler” zur Verfügung, in dem in Gemeinschaftsarbeit sechs Schießplätze nebst einem kleinen Aufenthaltsraum errichtet wurden. 


1974 bot sich in Zusammenhang mit dem Schulhausneubau die Möglichkeit, eine größere Schießstätte mit Gastraum im Untergeschoss der Pausenhalle zu erstellen.


Die neue Anlage erwies sich als Segen für den Verein: In Verbindung mit einer gezielten Nachwuchsarbeit nahm die Aktivität der Rettenberger Schützen einen erfreulichen Aufschwung. Mit dem Ansteigen der Leistungen wuchs die Bereitschaft zur Teilnahme an großen Veranstaltungen. Erfolge stellten sich ein, was den Zulauf erhöhte. 


Unser Schützenverein Rettenberg zählte damals nicht nur zu den rührigsten und leistungsstärksten im Gau Oberallgäu, sondern pflegt auch Geselligkeit und Kameradschaft in vielfältiger Weise. 

 

Jubiläumsfeierlichkeiten 1991

Das 125. Gründungsfest 1991 war Anlass der Durchführung des 31. Oberallgäuer Gauschießens mit einer Rekordbeteiligung von 1141 Teilnehmern und einer mehrtätigen Festveranstaltung im August 1991 anlässlich der Weihe unserer neuen Vereinsfahne. 


Aus den Erlösen der Veranstaltung wurde im Zuge der Pausenhallenerweiterung im Jahre 1995 der Schützenstand um neun Stände erweitert. Der “alte” Stand wurde auf sechs Schießstände reduziert und der Gastraum in Richtung der Schule erweitert. Der Platznot war somit abgeholfen. Circa 2.500 Arbeitsstunden wurden von den fleißigen Helfern in diesem Zeitraum geleistet. 


Ab diesem Zeitpunkt wurde das alljährliche Meistersternschießen mit einem Festschießen verbunden. Neben dem reinen Leistungsschießen wurde jetzt auch auf Festpreise geschossen. Das Schießen wurde bis auf wenige Ausnahmen jährlich ausgetragen und fand seinen festen Platz im Jahreskalender des Oberallgäuer Gaues. 


Diese Chronik wurde nach umfangreichem Studium der Vereinsdokumente von unserem verstorbenen Ehrenmitglied Fritz Schäffler, sowie unserem damaligem Schriftführer Alois Wohlfahrt jun. verfasst und später von Robert Köberle erweitert. 

 

 

 

Könige Feuer- und Zimmerschießen zwischen 1933 und 1976

 

1933 - Hermann Widenmayer
1934 - Faustin Neher
1935 - Josef Müller
1936 - Seraphin Beck
1937 & 1940 - Andreas Schöferle
1938 - Michael Herb
1938 - Philipp Göhl
1939 - Georg Kießling
1940 - Eduard Jörg
1940 - Norbert Fischer
1941 - Anton Wolf
1941 - Franz Herz
1952 - Andreas Lochbihler
1958 & 1959 - Hans Köberle
1962 - Erika Gegenfurtner
1965 - Josef Uhlemayr
1970 - Andreas Lochbihler
1973 - 1975 - Horst Uhlemayr
1976 - Rudolf Fischer